Rückblick 2014

Neue Impulse für Kooperationen und den Standort
Das EGovG und die e-Government Strategie NRW
In NRW stehen die Zeichen zwischen Land und Kommunen auf IT-Kooperation

Das E-Government-Gesetz des Bundes hat auch Bewegung in die Entwicklung auf der Landesebene gebracht – so auch in Nordrhein-Westfalen. Zudem hat sich an Rhein und Ruhr auch der Trend zur verstärkten IT-Kooperation weiter verfestigt. Dies zeigten auch die Diskussionen auf dem Verwaltungskongress e-nrw, den der Behörden Spiegel mit Unterstützung des Ministeriums für Inneres und Kommunales NRW am 17. November in Düsseldorf veranstaltete und zu dem über 400 Teilnehmer kamen. E-Government ist eine Führungsaufgabe, sinngemäß also eine “Kopfsache”, wie es auch Wilfried Kruse umschrieb, als er über 400 Teilnehmer zum Kongress begrüßte. Der fachliche Leiter der Veranstaltung erhoffte sich dann – insbesondere im Hinblick auf das noch ausstehende E-Government-Gesetz NRW – auch neue Impulse vom Vortrag von Hartmut Beuß, dem CIO der NRW-Landesregierung.  “Man kann auch handeln, ohne dazu rechtlich verpflichtet zu sein”, nahm Beuß zu Beginn seiner Rede erst einmal ein bisschen Druck aus dem Kessel. Doch im Folgenden ging er dann doch auf den gegenwärtigen Stand und einige zentrale Aspekte des E-Government-Gesetzes des Landes ein.  Der Referentenentwurf des Gesetzes ist seit September fertig und befindet sich derzeit in der Ressortabstimmung. Spätes¬tens Anfang kommenden Jahres soll dann eine von den Ressorts gebilligte Version in die Verbändeanhörung gehen, damit das Gesetz im Laufe des nächsten Jahres verabschiedet werden kann. Ein wesentliches Element des Gesetzes wird die Einführung der elektronischen Aktenführung (E-Akte) sein. Diese soll für den Bereich der Landesbehörden nach derzeitigem Stand bis zum Jahre 2025 verpflichtend sein. Für die Kommunen soll es hingegen keine Verpflichtung zur Einführung der E-Akte geben. Vielmehr soll ihnen im Rahmen einer Kann-Regelung ermöglicht werden, Akten elektronisch führen zu können. Gerade dieses Thema war zwischen dem Land und den Kommunen in der Vergangenheit vielfach kontrovers diskutiert worden. Vertreter aus dem kommunalen Bereich sind dabei der Ansicht, dass bei einer verpflichtenden E-Akten-Einführung auf der kommunalen Ebene das Land nach dem Konnexitätsprinzip (Wer bestellt, bezahlt) für die Kosten aufzukommen habe, da es sich um eine zusätzliche, neue Aufgabe handle. Andere Vertreter aus dem kommunalen Umfeld und das Land teilen diese Auffassung nicht. Die nun erzielte Kann-Lösung umgeht diesen Konflikt nicht nur, sondern passt für Beuß auch systematisch zum Gesamtcharakter des Gesetzes, das er als “Ermöglichungsgesetz” beschrieb. Über die sonstigen Regelungen des künftigen Gesetzes hinaus ist dem CIO eine enge Kooperation zwischen Land und Kommunen wichtig. Hierzu soll es zukünftig einen IT-Kooperationsrat geben, der sich aus Vertretern des Landes, der kommunalen Spitzenverbände sowie dem Kreise der kommunalen IT-Dienstleister zusammensetzt. Zudem regte Beuß ein Bündnis für E-Government an, um – etwa über eine entsprechende Rahmenvereinbarung – die digitale Verwaltung in NRW gemeinsam nach vorne zu bringen, was bei den zahlreichen Kommunalvertretern auf e-nrw auf große Zustimmung stieß.

Eigene digitale Agenda

So auch bei Guido Kahlen, Stadtdirektor der Stadt Köln und Verbandvorsteher  des KDN, dem Dachverband kommunaler IT-Dienstleister in NRW. Er unterstrich Kruses eingangs aufgestellte Forderung, dass insbesondere die Führungskräfte sich mit den Herausforderungen der Digitalisierung beschäftigen müssten. Doch Kahlens Appell für einen digitalen Aufbruch in NRW ging noch einen Schritt weiter: “Man muss schauen, ob man nicht eine eigene Digitale Agenda braucht. Diese sollte idealerweise unter breiter Beteiligung in einem Multi-Stakeholder-Prozess realisiert werden.” Hierbei komme es zunächst darauf an, Chancen und Handlungsfelder zu konkretisieren, um auf dieser Grundlage eine Roadmap für die Umsetzung zu erstellen. Bei dieser käme es dann ebenfalls da¬rauf an, arbeitsteilig zu arbeiten. Kahlen, der auch Sprecher des Erprobungsraumes Rheinland ist, warb auch dafür, im Rahmen der IT-Modernisierung Experimentierräume zu schaffen, in denen Blaupausen entwickelt werden können.

Vielfalt unter einem Dach

Gerd Klaus, Bürgermeister von Schieder-Schwalenberg und Vorsitzender des IT-Lenkungsausschusses der kommunalen Spitzenverbände NRW zog eine erste Jahresbilanz der neuen kommunalen IT-Kooperation. Geburtsstunde des Gremiums war die erste konstituierende Sitzung im September vergangenen Jahres.

Ziel des IT-Lenkungsausschusses ist es, die kommunalen Kräfte zu bündeln und die Kooperation unter den Kommunen zu fördern. Ungewöhnlich: Der IT-Lenkungsausschuss hat keine Geschäftsordnung. “Wir wollen nicht über Geschäftsordnungsfragen, sondern über die Sache diskutieren”, so Klaus. “Wir”, das sind 12 Mitglieder aus dem Landkreistag NRW, dem Städte- und Gemeindesbund NRW und ferner mit beratender – aber nicht stimmberechtigter Stimme – drei Vertreter der kommunalen IT-Dienstleister. Für einen Beschluss des Gemeinsamen IT-Lenkungsausschusses ist eine Mehrheit von drei Vierteln der stimmberechtigten Mitglieder notwendig. “Das setzt eine intensive Auseinandersetzung mit dem Thema voraus”, so Klaus. Der Lenkungsausschuss müsse jedoch das Rad nicht neu erfinden, viele Ideen gebe es schon länger. Mit dem neuen Gremium gebe es jetzt aber einen Ansprechpartner für Entscheider und IT-Dienstleister. IT durchdringe mittlerweile alle Lebensbereiche. Der Bürger erwarte, dass er jederzeit und von jedem Ort aus mit den Behörden in Kontakt treten kann. Die kommunale IT zeichne sich aktuell durch viele verschiedene IT-Dienstleister aus, die in unterschiedlicher Tiefe die verschiedensten Angebote haben. “Nach Einschätzung aller Betroffenen wird es trotz der Zusammenarbeit in der kommunalen IT bei dieser großen Vielfalt bleiben”, so Klaus. Aufgrund der Vielfalt wachse das Bedürfnis nach Standardisierung. Vor allem kleine Kommunen seien aufgrund ihrer knappen personellen Besetzung darauf angewiesen. “In Sachen Standards und Sicherheit muss mehr Verbindlichkeit in die Sache kommen”, forderte Klaus. Dies stelle eine Herausforderung in vielfacher Hinsicht dar. Die Zahl der Mitarbeiter sei in den Gremien sehr überschaubar. “Auf der Leitungsebene müssen wir noch sehr viel Werbung machen.” Zudem sind die Beschlüsse des IT-Lenkungsausschusses nicht bindend, sondern können nur als Empfehlung abgegeben werden. Bei notwendigen landesweiten Beschlüssen müsse das Land diese in Recht umsetzten. “Eine gute Zusammenarbeit mit dem Innenministerium ist daher für uns sehr wichtig”, so Klaus. Vonseiten der Kommunen sei auch gewünscht gewesen, dass möglichst keine zwingenden Vorgaben gemacht werden. Hier gehe der Trend zur freiwilligen Selbstverpflichtung. Wichtig sei es auch, eine gemeinsame Linie zu finden. Die Interessen der Kommunen wichen sehr stark voneinander ab. Auch spiele die unterschiedliche finanzielle Ausstattung der Kommunen eine wichtige Rolle. Der Vorsitzende des IT-Lenkungsausschusses betonte, dass vor allem Verfahren, bei denen eine gemeinsame Vernetzung wichtig ist, funktionieren müssten, um Doppelstrukturen zu vermeiden. Auf der Agenda des IT-Lenkungsausschusses standen im ersten Jahr daher ein landesweites Kita-Bedarfsmelde-und Anmeldeverfahren (Einsatz im Kita-Jahr 2014/15), der Beitritt NRWs zur Entwicklerplattform ePayBL, um gemeinsame Bezahlverfahren zu ermöglichen, das Meldeportal für Behörden und das Digitale Archiv (DA NRW) als landesweiter Verbund zwischen Kommunen und Land.

Der Wandel geht weiter

Die Digitalisierung erfasst aktuell nicht nur die Verwaltung, sondern insbesondere auch die Indus¬trie. Die Herausforderungen dieser als “Industrie 4.0” zusammengefassten Entwicklung seien für Verwaltung und Wirtschaft durchaus vergleichbar, erklärte Karl-Uwe Bütof, Abteilungsleiter im Wirtschaftsministerium NRW. Vielmehr noch lebe man sogar in einer Art “Schicksalsgemeinschaft”, die sich gemeinsam diesen neuen Anforderungen stellen müsse. Bütof sieht insgesamt gute Chancen für NRW, diesen Wandel erfolgreich zu bewältigen, schließlich verfüge das Land über eine starke industrielle Basis, einen starken Maschinenbau und nicht zuletzt auch eine starke ITK-Industrie. Wichtige Maßnahmen für den Erfolg lägen in einer Stärkung von Forschung und Entwicklung, einem Ausbau der Infrastruktur und einer Verbesserung der Daten- bzw. IT-Sicherheit. “Wir erleben enorme Veränderungen durch die Technik und das, was der Mensch da¬raus macht”, so Bütof weiter. Um die Menschen bei diesem Wandel mitzunehmen, kommt es für ihn daher insbesondere auf eine “soziale Technologiegestaltung” an.


Vorträge Hauptprogramm 2014

  • Erste Jahresbilanz neuer Kommunaler IT-Kooperation, Aktuelle Strategien und Arbeitsschwerpunkte des IT-Lenkungsausschusses, Gerd Klaus, Vorsitzender des IT-Lenkungsausschusses der Kommunalen Spitzenverbände NRW
  • Effektives eGovernment, Lothar Schindler, Vertriebsleiter eGovernment, Deutsche Post AG
  • Informationsmanagement – Allgemeine Schriftgutverwaltung neu definiert, Sven Behrendt, Geschäftsführer SER eGovernment Europe GmbH
  • E-Government-Gesetz und Digitale Agenda: Nächste Schritte und Projektpotenziale für NRW, Marco Brunzel, Senior Adviser Strategy, ]init[ AG für digitale Kommunikation
  • Neue Herausforderungen für die IT-Zusammenarbeit im Land: das E-Government-Gesetz und die Digitale Agenda, Guido Kahlen, Stadtdirektor, Stadt Köln
  • Der Umgang mit dem „Datenschatz“ – ungeahnte Erkenntnisse für mehr Bürgernähe, Transparenz und Sicherheit Big Data fokussiert auf Land und Kommune, Sven Loeffler, Dipl. Betriebswirt, Business Development Executive, BI & Big Data, T-Systems International GmbH
  • NRW bewegt – intelligente Vernetzung für Mobilität, Wolfgang Percy Ott, Leiter der Regierungsbeziehungen, Cisco Systems GmbH

Vorträge Fachforum I
Geo-Daten und Open Government als Kernelemente der digitalen Zukunft in NRW?

  • Open- und e-Geodaten – Herausforderungen und Chancen für Land und Kommunen, André Caffier, Ministerium für Inneres und Kommunales NRW
  • Erfordernisse der Wirtschaft auf dem Weg zu verlässlicher Datennutzung, Lars Behrens, Geschäftsstelle der Kommission für Geoinformationswirtschaft an der Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe
  • Mehr Bürgerinformation und Bürgerbeteiligung – mit Karten und Geo Open Data, Marc Kleemann, Consultant, con terra – Gesellschaft für Angewandte Informationstechnologie mbH
  • Open Data und Open Source – Innovationsmotor für Wirtschaft und Verwaltung, Peter Stamm, Geschäftsführer, WhereGroup GmbH & Co. KG
  • GIS und Datensicherheit im Nearshoring, Bernard Weber, Geschäftsführer, Intetics GmbH

Vorträge Fachforum II
Medienbruchfreie Prozesse – für die Zukunft unverzichtbar?!

  • NRW-medienbruchfrei – Illusion oder reale Chance – Konkrete Strategien und das Beispiel e-Gewerbe, Dieter Staudt, Geschäftsbereich 3 IT-Lösungen, Information und Technik Nordrhein-Westfalen (IT.NRW)
  • Medienbruchfreie Prozesse als unverzichtbarer Standortfaktor für die Wirtschaft in NRW?!, Elisabeth Slapio, Geschäftsführerin Innovation und Umwelt, Industrie- und Handelskammer zu Köln
  • So macht Prozessmanagement Spaß!, Daniel Marques, Sales Manager, Signavio GmbH
  • Die Zahlungskomponenten als notwendige Bestandteile medienbruchfreier Prozesse, Boris Wolter, PayPal Deutschland SE
  • Medienbruchfreie VBL: Zwischenstand und Ausblick, Dr. Tim Habermann, Geschäftsführer, Martin Appel, VBL, Leiter Online Kommunikation & eGovernment, ppp4its GmbH

Vorträge Fachforum III
Innovative Wege von Landes- und Kommunaler IT – Neue Zukunftsmodelle?

  • Mobile Government: Services für eine älter werdende Bevölkerung, Organisations- und Rationalisierungs-Potentiale für Gemeinden – Visionen auf langer Strecke zwischen Demographie und Schuldenbremse, Peter Klinger, Dipl. Verwaltungswirt, Ltd. Städtischer Verwaltungsdirektor a.D.
  • Wem nützt der Wettbewerb öffentlicher IT-Dienstleister? – Kooperationen ohne Grenzen?, Reinhold Harnisch, Geschäftsführer, Kommunales Rechenzentrum Minden-Ravensberg/Lippe
  • Das moderne IT-Liefermodell für eine serviceorientierte IT, Joerg Kraus, Consulting Sales Executive (CSE), Hewlett-Packard GmbH
  • Von klassischen Postdienstleistungen bis DE-Mail: Welche Auswirkungen hat die Digitalisierung bisher physischer Sendungsmengen auf Ausschreibungen?, Michael Wilk, Vertriebsleiter, Postcon Deutschland
  • Cloud Computing: Neue Chancen für Kooperation und Integration zwischen Länder und Kommunen, Martin Heldberg, Sales Consultant, Oracle Deutschland

Vorträge Fachforum IV
e-Akte: Pflicht oder Kür in der Prozessmodernisierung und -automation?

  • Kommunale Erfahrungen, Herausforderungen und Chancen vor Ort zum Thema e-Akte, Sören Kuhn, Geschäftsführer, Gemeinsame Kommunale Datenzentrale Recklinghausen
  • Scannen oder nicht scannen – Tipps und Tricks zur Einführung elektronischer Akten, Dr. Michael Neubauer, Geschäftsführer, Citkomm
  • Kurzer Prozess: interministerielle Abstimmung mit eAkten, Sven Behrendt, Geschäftsführer SER eGovernment Europe GmbH
  • eAkte mit d.3 – digitale Vorgangsbearbeitung für Sachakten und Fallakten, Laurenz Stecking, Geschäftsführer, codia Software GmbH
  • TR-ESOR konforme Langzeitaufbewahrung: Grundstein gelegt – einfach gemacht, Olaf Rohstock, Direktor, Governikus GmbH & Co. KG